Geschrei drang an meine Ohren, das dumpfe Geräusch eines Körpers, der auf dem Boden landete. Ich konnte angestrengtes Keuchen sowie schmerzhaftes Stöhnen hören. Schuhe schabten über den Kies.
Meine Gedanken rasten. Ich sollte froh sein, dass mir jemand zur Hilfe kam, um ihn auszuschalten. Gleichzeitig konnte ich die Gedanken, dass er mir geholfen haben könnte, nicht zum verstummen bringen.
Ehe ich mich selbst zurückhalten konnte, war ich bereits hinter den Tonnen hervorgesprungen. Gerade rechtzeitig, denn beide hielten sich bereits Waffen entgegen, obwohl es schien, als hätte Fynn die Oberhand.
„Fynn! Nicht!“ Ich ging auf die beiden zu. Sofort traf mich sein kalter Blick und ich bereute die Entscheidung sofort. Innerlich fluchte ich bereits.
Dies hier würde jedoch keinen Tod rechtfertigen.
Ich wollte Fynn gerade eine Hand auf die Schulter legen, als er einen festen Tritt abbekam. Nicht fähig, schnell genug zu schalten, riss er mich von den Füßen.
Ich krachte in die Gerätschaften am Schuppen.
Ein Ziehen zog sich durch meinen Schädel und ich musste die Augen vor Schmerz zusammenkneifen. Sterne tanzten in der Dunkelheit.
Gleichzeitig bemerkte ich das brennende feuchte Gefühl an meinem Rücken. Ich rutschte vollständig an der Wand hinunter und ging auf die Knie.
„Verflucht!“
Als ich aufblickte, konnte ich nur noch verschwommen erkennen, wie Fynn die Verfolgung aufnahm. Ich blinzelte erneut und fluchte derbe, hielt mir weiterhin den Kopf. Das musste für heute die letzte schlechte Entscheidung gewesen sein, sonst war‘s das mit mir.
Mein Bruder würde jetzt wieder seinen belehrenden Gesichtsausdruck aufsetzen, bevor er mir meine Fehler aufzeigen würde.
Nein. Falsch. Er wusste nichtmal das ich noch in der Stadt war. Eigentlich hätte ich bereits außer Landes sein sollen, was nicht nur eine Standpauke nach sich ziehen würde.
Langsam kam leichte Übelkeit in mir auf und als ich die Augen wieder öffnete, begann sich für einen kurzen Moment alles zu drehen.
Ich kniff die Augen wieder zu und versuchte mich zu sammeln. Ich würde hier jetzt nicht schwach werden.
Als mir das Geräusch sich langsam nähernder Schritte an die Ohren drang erstarrte ich. Wie in Zeitlupe hob ich meinen Kopf und sah drei Personen auf mich zulaufen. Gemächlich, als hätten sie alle Zeit der Welt. Sofort war ich auf den Beinen, obwohl ich ein schmerzerfülltes Zischen nicht unterdrücken konnte, eine Hand Halt suchend an der Wand in meinem Rücken.
„Ich sagte doch, dass sie hier noch hocken müsste.“ Er klang mehr als zufrieden, während er mir ein breites Grinsen zuwarf.
Ohne nachzudenken rannte ich los, der Schmerz war vergessen. Ich wollte mir nicht ausmalen, was passierte, wenn sie mich in die Finger bekamen.
Mein Keuchen klang in meinen Ohren viel zu abgehackt, als ich mich durch das Gestrüpp kämpfte. Auf offener Fläche, über den Kiesweg, würde ich es gar nicht erst versuchen.
Rufe wurden hinter mir lauter, dann Gelächter. Wenn man mal ehrlich war, standen meine Chancen gar nicht gut. Ich fragte mich, wo Fynn geblieben war, der ihn noch bis gerade eben verfolgt hatte. Ein Frösteln ergriff meine Glieder.
Ich musste klar bei Verstand bleiben, doch der Gedanke, dass ihm etwas passiert sein könnte, trieb mir Tränen in die Augen.
Ich versuchte mir einen Plan im Kopf zurecht zu legen, doch er schien sich immer mehr mit Nebel zu füllen. Die Erschütterung vom Sturz zeigte Wirkung.
Plötzlich wurde ich von den Füßen gerissen und rollte nach dem Aufprall noch einige Meter über den unebenen Boden. Der Geruch nach Fichtenholz und feuchter Erde drang mir in die Nase.
Ich kämpfte mich gerade wieder auf die Ellenbogen, als sich neben mir jemand in die Hocke begab. Seine Augen schienen in dem Zwielicht förmlich golden zu schimmern. Sein Gesicht so nah neben meinem ließ mich zurückweichen.
„Dir wird’s morgen so richtig beschissen gehen“, raunte er mit einem Lachen in der Stimme und tippte sich an den Kopf. „Aber ich leiste dir dabei gerne Gesellschaft.“
„Du Bastard!“, spie ich ihm entgegen, während er, mich mit seinen Augen fixierend, näher kam.
In einer schnellen Bewegung hatte er mich gepackt und an seine Brust gezogen, erstickte meinen Aufschrei mit seiner Hand. Der herbe Duft seiner Haut hüllte mich ein.
Seine warmen Lippen strichen über meine Schläfe, bevor sie an meinem Ohr innehielten.
„Du schuldest mir noch was. Ich denke, wir sollten das in inniger Zweisamkeit regeln.“ Das Vibrieren seines Lachens ging mir durch und durch. „Dachtest du ernsthaft, du könntest mir entkommen?“, murmelte er.
Meine Beine gaben unter mir nach, ich hatte mich verausgabt, war am Ende meiner Kräfte.
Ich driftete ab und sackte in seinen Armen zusammen.
Nie hatte ich es bereut, einem Menschen das Leben gerettet zu haben. Vielleicht würde ich in dieser Nacht damit anfangen.
NARYA
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