Die drei Sonnen ist der erste Band der international gefeierten Trisolaris-Trilogie. Ist das Lob gerechtfertigt?
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Er beginnt zur Zeit der Kulturrevolution in China, 1967. Der Vater der Astrophysikerin Ye Wenjie wird im Zuge der Unruhen getötet. Zwei Jahre später wird Ye Wenjie aus dem Produktions- und Aufbaukorps der Inneren Mongolei zum Geheimprojekt Rotes Ufer geholt, einer riesigen Radioantenne hoch auf einem Berg. Nur langsam findet sie heraus, wozu diese Anlage wirklich dient.
Dreißig Jahre später forscht der Physiker Wang Miao an neuartigen Nanomaterialien. Plötzlich erscheint auf den Fotos auf seiner Kamera ein mysteriöser Countdown, schließlich sieht er ihn sogar vor seinen Augen. Er soll seine Forschung einstellen, sonst wird der Countdown weiterlaufen. Doch was geschieht, wenn der Countdown abgelaufen ist?
Cixin Liu, geboren 1963 in Yangquan, ist der berühmteste chinesische Science-Fiction-Autor.
Es ist ungewöhnlich für einen Science-Fiction-Roman, in der Vergangenheit zu beginnen. Genau dies erweist sich jedoch als große Stärke des Romans. Die Zeitebene in der Vergangenheit ist nicht nur interessant, weil sie sich mit der Kulturrevolution in China auseinandersetzt, sie setzt auch die Motivation der Figuren sowie die Grundlagen für alle späteren Ereignisse.
In Die drei Sonnen geht es um eines der klassischen Themen der Science-Fiction: dem Kontakt mit außerirdischem Leben. Viele Romane und Filme thematisieren einen Erstkontakt. Doch nur wenige tun dies auf eine tiefgründige, durchdachte Weise. Die drei Sonnen ist einer dieser Romane. Die Art und Weise, auf die Cixin Liu das tut, ist bemerkenswert. Denn die Außerirdischen treten im ganzen ersten Roman physisch nicht in Erscheinung. Doch man sollte sich nicht täuschen: Trotzdem hat der Erstkontakt gewaltige Konsequenzen.
Stattdessen geht es in dem Roman vornehmlich um die Menschen und die Frage: Was bedeutet das Wissen über außerirdisches Leben für uns? Cixin Liu erforscht mit diesem Roman die philosophische Dimension eines Erstkontaktes. Was bedeutet dieser für die Menschheit? Neben dieser philosophischen Fragestellung geht es außerdem um die Konsequenzen für die Wissenschaft.
Dem Autor gelingt es dabei, faszinierende Charaktere zu erschaffen, die das Fundament dieses Romans bilden. Sowohl Ye Wenjie, die Protagonistin in der Vergangenheit, als auch Wang Miao, dem Protagonisten in der Gegenwart, geben facettenreiche Hauptcharaktere ab. Doch besonders gelungen sind auch die Nebenfiguren. Sie sind nicht einfach nur Statisten, die den Plot vorantreiben sollen, sondern wirken genauso ausgereift wie die Hauptcharaktere. Ihre Charaktereigenschaften sind essenziell für die Geschichte.
Der Plot des Romans ist ebenfalls spannend. Am Anfang benötigt man eventuell noch etwas Durchhaltevermögen, doch dann entwickelt die Geschichte einen regelrechten Sog auf einen. Ich konnte nicht aufhören, weiterzulesen.
Dazu kommt ein äußerst gelungener Schreibstil. Cixin Liu schreibt nicht wie ein »typischer« Science-Fiction-Autor. Er verwendet viele Metaphern, viele bildliche Beschreibungen und manchmal schreibt er fast poetisch. Trotzdem ist sein Stil klar und verständlich und passt zu den Charakteren. Der Roman verwendet außerdem einen auktorialen Erzähler, auch wenn die meisten Passagen personal aus verschiedenen Perspektiven erzählt sind.
Die drei Sonnen hat mich begeistert. Der Nachfolgeroman konnte das sogar noch einmal übertreffen. Diese Reihe lohnt sich absolut, auch für alle, die sonst eher weniger Science-Fiction lesen.
7/7 Sterne
niklasatw
Schreibe einen Kommentar