Literaturblog

Monat: Juni 2023

Hexe, König, Ass, Spion

Eisig wanderte die nächtliche Winterbriese über ihr Dekolleté, ihren Hals hinauf, liebkoste ihre rechte Wange, bevor der Windhauch dankend weiterzog. Ihre Atmung blieb flach, während sie im Türrahmen lehnte, der den großen privaten Balkon vom Kaminzimmer trennte. Eine dünne Schneeschicht hatte sich über die Steine und das Geländer gelegt, der Himmel, sternenklar, schien erst in weiter Ferne den immergrünen Tannenwald zu küssen, der trotz seiner vielen Wipfel dem Winter am Schloss keinen Einhalt geboten hatte. Doch das alles würde bald Geschichte sein.

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Der Klang trügt

Meine Autoreifen zerknirschten den Schnee auf dem Parkplatz. Als ich ausstieg, sagte mir schon der Gegenwind, ich sollte besser wieder umkehren. Aber die Arbeitswoche in der Kanzlei war besonders stressig gewesen und den gemeinsamen Freitagabend hatten wir schon wochenlang geplant. Mühsam hievte ich den Kasten Bier aus dem Kofferraum, während das warme Licht, welches aus […]

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Memento Mori

„Memento Mori – Wann sollte man dem Tod Beachtung schenken?“ Die gelben fetten Buchstaben reichten quer über das Titelblatt der Zeitschrift, die eingerissen und verdreckt auf dem Boden vor dem Mülleimer lag. Jemand mit matschigen Stiefeln hatte den Totenkopf breitgetreten und ihm eine neue Farbe verliehen. Nievs Augen glitten mehrmals unbeeindruckt darüber. Komisch, wie unwirklich alles wurde, wenn man solche Fragen einmal auf ihre Grundzüge reduzierte. Das schnelle oder für manche weniger schnelle hinweg driften in ein anderes Sein oder besser in ein anderes Universum bekam in letzter Zeit immer wieder mehr Aufmerksamkeit. Ein Revival á la Crop-Top und Low-Rise-Jeans, wenn man es so will. Spätestens seit Tao Chos Thriller-Crime-Serie war die Beachtung des täglich-sterben-könnens und der Tod an sich mit all seinen creepy Facetten also wieder mal voll angesagt.

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Nächstes Mal

Ich weiß nicht, wann es passiert ist. Vielleicht, als wir zusammen in Happyland gewesen sind. Oder als wir Riverside besucht haben. Oder irgendwo an einem der anderen tausend Orte, an denen wir gewesen sind.

Vielleicht sollte die Frage also eher so lauten: Wo ist es geschehen?

Wo habe ich mich in Feng verliebt? Und wo hat er beschlossen, mich zu verraten?

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Zufall kommt selten allein

Als man mir von Los Angeles erzählte, hatte ich sofort von Palmen gesäumte Straßen vor Augen.
Mit bemalten Wänden von Engelsflügeln, die fast jedes Insta-Profil zierten.
Wörter kamen einen in den Sinn, nie gesehen und doch überall verankert. Hollywood. Santa Monica Pier. Beverly Hills.
Doch mit Freude versuchte ich genau diese Orte zu meiden, während mich meine Schritte immer weiter nach Los Feliz trugen, ein am Hang gelegenes Viertel, was man vielleicht als erstes mit dem Griffith Observatory in Verbindung brachte.
Mein Ziel waren Orte, die man durch Zufall entdeckte, doch dafür fehlte die Zeit.

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