Die aufgehende Sonne tauchte die Welt in ein zartes Rosarot. Endlich waren die Gebäude, vor dem Farbspiel des Morgens nur dunkle Silhouetten am Horizont, zu erkennen. Bald würde die leuchtende Stadt erscheinen, durchzogen von maigrünen Parks und einer Vielzahl an Bäumen, die Straßen und Häuser säumten und sich ganz natürlich in den urbanen Wald aus menschengemachten Bauten einfügten. Doch etwas war anders an diesem Morgen. Anders, befremdlich und gefährlich. Die schemenhaften Konturen unterschieden sich von denen des Vortages. Rauchsäulen stiegen in den Himmel empor, wo sie zu großen Wolken zerstoben. Ihr beißender Geruch lag in der Luft, vermischt mit Staub und Asche. Das Atmen wurde mit jedem Meter, den man sich näherte, unerträglicher.
Die Häuser eines Vorortes standen wie ausgestorben da. Niemand war auf der Straße oder im Garten. Die Unterkünfte schienen größtenteils heil zu sein, auch wenn der Asphalt vor den Haustüren an manchen Stellen aufgeplatzt war. Im nun schon helleren Sonnenlicht wirkte es fast friedlich. Manche Gärten waren von Hecken umgeben, andere von hohen Zäunen oder niedrigen Mauern. Laub raschelte leise im Wind. Dem Wind, welcher den Geruch und den Staub mitbrachte und damit die sanfte Idylle zerstörte, als wäre sie eine hauchdünne Glasscheibe und er ein schwerer Hammer, mit dem etwas zu weit ausgeholt wurde.
Die Gebäude wurden allmählich größer, die Straßen breiter, die Luft drückender, sodass man nicht so weit schauen konnte wie an vorangegangenen Tagen. Viele Fenster waren zerborsten. Von einem Block, der vermutlich Mietswohnungen enthielt, fehlte eine Ecke. Mauerreste und Schutt lagen auf der Einfahrt und dem schmalen Wendekreis davor. Statt leuchtender Farben boten die Wohnhäuser nur ein helles, dreckiges Grau. An einer kurzen Allee versperrten junge Bäume den Fußweg. Die Straßen wurden immer voller, allerdings füllten sie sich nicht mit Leben, sondern mit kaputten Autos, verlassenen Fahrrädern, Geröll, Kratern und Sand. An einem Hochhaus konnte man kleine Flammen erkennen, die aus einem Loch in der Hauswand hervor züngelten.
Es war still und dabei schwer zu entscheiden, ob die Geräusche von der zu dicken Luft geschluckt wurden oder ob wirklich nichts zu hören war. Die Fassade eines Einkaufszentrums war in sich zusammengebrochen und das einladende Schild ruhte entzwei in dem Haufen aus Glas und Stein. Die Sonnenstrahlen, welche sich darin spiegelten, gaukelten einen Frieden vor, den es nicht gab. Ein Leben, das in seiner Form nicht mehr existierte. Ein paar Meter weiter lag das Gerippe eines ausgebrannten Lastwagens. Das ehemalig silberne Führerhaus, durch seine Bauweise vergleichsweise gut zu identifizieren, war schwarz und verkohlt.
Eine Straße weiter stand ein ehemalig prachtvolles Gebäude. Eine Kirche, deren Mauerstücke sich vor dem schweren, dunkelbraunen Eingangsportal sammelten. Die herrlichen Buntglasfenster, die früher farbenfrohe Muster in den Innenraum des Gotteshauses zauberten, zerstreuten sich wie Konfetti in feinen Scherben zersplittert auf dem Boden und gesellten sich zu der zerstörten Kirchturmspitze und der Verzweiflung, die daneben lagen. Egal wohin man blickte, in jeder Richtung boten sich einem Bilder des Grauens. Wie konnten Menschen so etwas nur tun.
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