Die Anspannung im Raum ist jetzt wie ein Gummiband, das kurz davor ist zu reißen. Der Ermittler starrt uns wieder an. Er ist derjenige, der das Band immer weiter spannt. Und wir sind die, die das Gummiband bilden. Noch halten wir zusammen, aber wir sind kurz davor, auseinanderzureißen.
»Können sie mir noch einmal erzählen, woher sie die Waren haben?«
Der Ermittler blickt Dan an. Dan, der nie seine scheiß Klappe halten kann.
»Natürlich«, sagt Dan und ich sehe ihn schlucken.
Scheiße. Ich blicke Theo an, unseren Anführer. Wenn wir nicht etwas unternehmen, sind wir verdammt noch mal geliefert.
Dan fängt schon an zu erzählen. »Also, wir waren auf der Thalos-Station und da gab es so …«
Ich räuspere mich und unterbreche damit Dans Redefluss. Dieser Idiot. Wir waren nie auf der Thalos-Station und das konnte der Ermittler nachweisen.
»Gibt es etwas, was sie sagen wollen?«, fragt der Ermittler und mein Puls ist plötzlich so verdammt schnell, dass er beim Intergalaktischen Sprintwettkampf gewinnen könnte.
Ich hab jetzt zwei Möglichkeiten. Ich übernehme das Reden, dann wird der Ermittler Verdacht schöpfen. Oder ich halte meine Klappe und bete, dass Dan verstanden hat, dass er das jetzt auch tun sollte.
Ich entscheide mich für Zweiteres.
»Nichts. Entschuldigen Sie.«
Ich blicke zu Dan und in diesem Moment weiß ich, dass der Typ verdammt noch mal nicht seine Klappe halten wird.
Theo sieht es auch und wirft mir diesen Blick zu. Dieser Blick, das ist so ein Ding zwischen uns. Wir kennen uns schon seit unserer Kindheit, sind zusammen auf ’ner Schrottstation aufgewachsen. Wenn er mir einen Blick zuwirft, weiß ich, was er meint, und umgekehrt.
Auch jetzt weiß ich sofort, was er mir sagen will. Wir müssen den Ermittler aus diesem scheiß Raum bekommen.
Während Dan wieder ansetzt, um uns mit seiner Geschichte noch tiefer in die Scheiße zu reiten, überlege ich. Wie können wir es schaffen, den Ermittler dazu zu bringen, aus dem Raum zu gehen?
Theo sieht genauso ahnungslos aus wie ich. Und Dan wird jeden Moment wieder anfangen, weiterzuerzählen. Wenn er das tut, sind wir so gut wie tot.
Verdammt. Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, den Ermittler abzulenken. Irgendetwas.
Dan setzt gerade mit seinem ersten Wort an, das Gesicht freudig verzogen, er liebt es, Geschichten zu erzählen. Da schießt mir eine Idee in den Kopf, so plötzlich, dass ich beinahe aus meinem Stuhl aufspringe.
Gleichzeitig mit Dan fange ich an, zu reden. Wir brechen beide sofort wieder ab.
Der Ermittler schaut zu mir herüber, mit diesem Blick, mit dem er sagen will: Ich weiß, was du vorhast, Arschloch.
»Ich wollte doch etwas ergänzen«, sage ich, versuche, ruhig zu bleiben, während in meinem Körper gerade jede einzelne scheiß Zelle kurz vorm Durchdrehen ist.
»Und das wäre?«, fragt der Ermittler.
Ich schlucke. Jetzt musste ich es wagen. Alles wagen, damit Theo diesem Idioten Dan klarmachen konnte, seine Klappe zu halten.
»Ich würde das lieber unter vier Augen sagen.« Die anderen schauen mich an. Geschockt. Manche wollen mich wahrscheinlich nun umbringen, können es gerade aber nicht. Stattdessen werfen sie mir einfach mörderische Blick zu.
Nur Theo nicht. Der lächelt innerlich, auf diese Art und Weise, wie nur ich es erkennen kann und nicht der Ermittler oder irgendjemand Anderes in diesem Raum.
»Unter vier Augen?«, fragt mich der Ermittler noch einmal, als hätte er mich nicht richtig verstanden.
Ich nicke nur. Als ich noch einmal in die Gesichter der anderen sehe, habe ich plötzlich eine Scheißangst, dass jemand doch auf mich losgeht und mir die Halsader aufschlitzt.
Aber nichts dergleichen passiert. Ich stehe auf, der Ermittler steht auch auf und geht zur Tür. Ich stolpere eher dahin, wie wenn man gerade aus dem Weltraum zurückkehrt und sich noch nicht richtig an die Schwerkraft gewöhnt hat. Dan starrt mich verständnislos an. Der Typ ist echt hohl.
Ich werfe Theo einen letzten Blick zu. Er ist stolz auf mich, das kann ich sehen. Ich riskiere hier meinen Arsch für die Crew. Und ich hab noch keine Ahnung, was ich dem Ermittler für ’ne Geschichte auftischen soll.
Der Ermittler hat die Tür erreicht, bereit die Klinke herunterzudrücken, da dreht er sich ein letztes Mal um und sieht mich verdammt noch mal zu Theo schauen.
Ich glaube, da checkt er es.
Man kann förmlich sehen, wie die Erkenntnis über sein Gesicht gleitet, seine Pupillen sich kurz weiten, der Mund sich verzieht. Dann kommt er wieder zurück.
»Dan«, sagt er. »Wir sollten uns unter vier Augen unterhalten.«
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